Die Erfahrung des Göttlichen

Meditationen über die Schöpfung

Die Erfahrung des Göttlichen

Zum Inhalt des Buches:
Jede Meditation, alles Betrachten, Nachspüren und Verkosten der Schöpfung dient dazu, sich auf den Schöpfer zu besinnen. Die Texte dieses Meditationsbändchens verbinden meditative Impulse mit botanischem Wissen. Sie versuchen Wege aufzuzeigen, die Spuren Gottes in der uns umgebenden Natur wahrzunehmen und zu einem größeren Verständnis der Schöpfung zu kommen. Denn Schöpfungslehre ist – recht verstanden – Gotteslehre. Sie ist eine Weise des Bekenntnisses zu dem, der der Ursprung allen Lebens ist. Eine so verstandene Schöpfungsmeditation hilft, die Gottesbeziehung zu vertiefen, sich und die Mitmenschen besser anzunehmen und eine persönliche Verantwortung für die Natur um uns zu übernehmen.

Leseprobe:
Und dann blitzt eines Morgens ein schmaler Streifen Rot hervor. Die Kelchblätter halten dem Druck nicht mehr stand, schieben sich langsam auseinander und geben den Weg frei. Für eine Weile reckt sich die geschlossene Blüte still ins Licht. Erwartungsvoll, als prüfe sie, ob alles fertig und bereit sei für den großen Moment. Noch haften die feinen Blätter schmal und eng aneinander; Schicht auf Schicht schmiegen sie sich um die verletzlichen Staubgefäße. Ein leises Zittern, eine verhaltene Bewegung, langsam gleitet alles zur Seite, biegen sich die Kronblätter nach außen, drehen sich dem Himmel entgegen, wie ein Gesicht, das sich den wärmenden Strahlen der Sonne überläßt.
Schon in den letzten Frühlingswochen waren die ersten Rosenknospen der Frühblüher aufgebrochen. Doch jetzt öffnet sich eine um die andere Blume. Kletterrosen und Rankrosen stürzen mit farbfrohen Kaskaden sanft duftender Blüten über Mauer, Rankgerüst und Pergola. Großblumige Edelrosen mit königlicher, hoher Einzelblüte und betörenden Duftwolken, die zarten, meist pastellfarbigen halbgefüllten Dolden der Bodendeckerrosen oder auch Wildrosen mit ihrem unbändigen, kraftvollen Wuchs, einer Fülle einfacher Büschelblüten und Dornen wie Stacheldraht – in allen Ecken des Gartens, im Heckenrain am Waldrand oder in der überwältigenden Schönheit eines Rosariums öffnen sich die Blüten, falten sich die Kronblätter auseinander und halten sich dem Licht entgegen.

Mit Fotos von Andreas Pohl.
Johannes-Verlag Leutesdorf 2001, kart., S.68, 4,50 EUR
ISBN-Nr.: 3-7794-1461-9