Der Stab des Hirten, nicht der Stock des Treibers

Menschen im Amt: Bischof – Priester – Diakon

Der Stab des Hirten nicht der Stock des Treibers ...

Zum Inhalt des Buches:
Kirchliche Ämter sind sehr stark festgelegt. Bischöfe, Priester und Diakone werden oft nur in ihrer Rolle gesehen. Eine Rolle aber vermittelt nur ein äußerliches Bild. Zusätzlich gilt, daß Rollenbilder durch Klischees oft zusätzlich verzerrt sind. Die lebendig und herausfordernd geschriebenen Interviews und Reportagen dieses Buches stellen Menschen im Amt vor, deren Persönlichkeit und Ausstrahlung erspüren lässt, daß sie sich keineswegs als Treiber verstehen, „die gegen billigen Lohn das Wild aufscheuchen.“

Leseprobe:
Als halte sie einer auf seinen ausgestreckten Händen dem Betrachter entgegen. Einladend, werbend und selbstbewußt: auf der rechten Seite die Severikirche, schlicht und eher zurückhaltend, in atembeklemmender Schönheit der Dom St.Marien auf der linken, der Herzseite.
Erfurt, am frühen Morgen kurz nach Sonnenaufgang. Die ersten Gemüsehändler und Bäckerwagen stellen sich auf dem Platz vor dem Domberg auf. Alles noch ein bisschen verschlafen, das Tempo ist gemächlich. Scherzworte fliegen hin und her. Ein Abschiedkuß, die Frau vom Obststand fährt nach Hause zum Frühstück mit den Kindern. Straßenbahnen, die klingelnd über ihre Gleise schleichen. Man hat Zeit.
Wenig später leuchtet die Sonne die Spitzbogenfenster voll aus. Weich ist das Morgenlicht und zeichnet doch konturenscharf Mauern und Maßwerk nach: unten die wuchtigen Stützbauten, die Kavaten, darüber schlank und steil aufragend der Hohe Chor mit seinem steinernen Schmuck wie Filethäkelei.
8.30 Uhr – die ersten Gäste kommen, steigen langsam die Stufen hoch, sichern sich einen Platz im Mittelschiff. Viele junge Leute, viele Familien mit kleinen Kindern. Es wird voll werden heute, denn Bischof Dr.Joachim Wanke wird drei Priesteramtskandidaten zu Priestern weihen.
Zwei Stunden später wird es im Dom sehr still. Die drei Diakone liegen ausgestreckt vor dem Altar. Viele Menschen knien. Die Allerheiligen-Litanei wird gesungen: Heilige Maria, bitte für uns. Heiliger Marcellus … Heiliger Stephanus … Basilius, Bonifatius, Lioba, Franziskus und Dominikus, Teresa von Avila, Caterina von Siena, Edith Stein … Eine lange Reihe von Menschen, die auf sehr verschiedene Weise durch ihr Leben Zeugnis gaben für den Glauben.
Kirche war und ist immer Gemeinschaft aller, die glauben. Eine Gemeinschaft, die der Tod nicht auflöst, sondern vertieft. In der Anrufung der Heiligen verwirklicht sich diese Gemeinschaft in extremer Weise. Und sie drückt sie Hoffnung der Lebenden aus, sich der Gnade ebenso öffnen zu können, wie es die angerufenen Schwestern und Brüder taten. Eine Bitte, die heute besonders für die drei Männer ausgesprochen wird, die vor dem Altar liegen.

Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Peter Hünermann.
Johannes-Verlag Leutesdorf 2003, kart., S.183, 6,50 EUR
ISBN-Nr.: 3-7794-1477-5 

vergriffen, antiquarisch erhältlich